Alles neu.
Das Leben ist immer im Fluss: Dinge kommen, Dinge gehen.
Inmitten der Bewegung gibt es auch langfristig stabile Zustände und Aussagen. Zum Beispiel:
- Alles
- ist immer
- für alle
- beim ersten Mal
- neu.
So einfach dieser Satz klingen mag: Tiefer gedacht enthüllt er sein eigenes, kleines Universum.
Das erste Mal.
Das 11te Mal.
Meist lernt unser System (System: z. B. unser Körper, Geist und Seele) schnell. Etwas Neues kann bei jedem Mal mit neuen Informationen, Wissen, Erfahrungen angereichert werden. Das verändert auch, wie wir unsere Realität konstruieren und wahrnehmen. Ein Beispiel:
Der erste Kuss: Aufregung. Bauchkribbeln. Neugier. Gefühlskirmes.
Der 11te Kuss: Die meisten Menschen erinnern sich nicht an ihn.
Die erste Reifenpanne: Stress. Man macht Fehler, ist unsicher, hat Fragen.
Die vierte Reifenpanne: Seitlich ranfahren. Warnweste, Warndreieck, ADAC.
Der erste Teamkonflikt: Irritation. Große Augen, fragende Blicke. Getuschel. Seltsame Gefühle.
Jeden Montag Konflikt im Team: Durchatmen. Zuhören. Diskutieren. Schüren. Regulieren.
Versuche ein anderes Thema:
Erinnerung.
"Alles ist immer für alle beim ersten Mal neu." kann wie ein Mantra verwendet werden: Es erinnert uns daran, dass wir oft vergessen, wie es war, als wir selbst etwas noch nicht kannten; als wir selbst neu in der Situation waren. Das hilft sehr, um ...
- sich an das Gefühl des Neulings zu erinnern: Wie war das damals für Dich? Was hättest Du gebraucht?
- mit dem Gegenüber zuerst Grundlagen zu klären, bevor es ins Detail geht.
- auf Wissenslücken Rücksicht zu nehmen, die man selbst längst überwunden hat: Du siehst eine Lücke, Dein Gegenüber weiß eventuell noch nicht einmal, dass da etwas ist oder sein sollte.
- den Raum für Fragen so zu gestalten, dass interessierte Menschen (Menschen, die sowohl eine Entwicklungsmotivation in sich tragen, Neugierde verspüren und auch das Ressourcenpotential haben) ein angemessen differenziertes Angebot erhalten, um zu verstehen.
Menschen im Moment einer Erfahrung des Neuen auf eine verstehende Weise zu begegnen und einen Raum zum (gemeinsamen) Lernen zu eröffnen, kann sowohl die Wahrnehmungsfähigkeit als auch das (Selbst-)Bewusstsein auf eine intensive Weise verändern.
Anwendungsfälle
Egal, in welchem Bereich Du tätig bist (Marketing, Sales, Ausbildung, ...): Bitte schließe nicht von Deinem eigenen (Vor-)Wissen auf das Wissen und die Erfahrung Deines Gegenübers.
Im Alltag begegnen wir Situationen, in denen wir etwas als trivial empfinden, das für andere völlig neu ist. Das kann in Familie, Freundeskreis oder Teamarbeit gleichermaßen auftreten.
- Erkläre einem Kind die Grundregeln eines Brettspiels.
- Unterstütze neue Teammitglieder mit Einführungen in Abläufe.
- Zeige digitalen Einsteigern, wie man eine App installiert.
- Führe Freunde in Dein Lieblingshobby ein – Schritt für Schritt.
Wer jeden Kontakt so sieht, als wäre er der erste, minimiert Missverständnisse und Überforderung.
Systemische Sicht
Im Gegensatz zu einem linearen Denkmodell erkennt das systemische Prinzip, dass jeder Mensch an einem anderen Punkt startet. Deshalb verläuft Lernen nicht einfach synchron.
Ein zirkulärer Prozess ermöglicht, auf Feedback zu reagieren und Wissen Schritt für Schritt aufzubauen, statt alles gleichzeitig zu erwarten.
- Denke in Kreisläufen statt in hierarchischen Phasen.
- Lass unterschiedliche Tempi zu, statt alle zu überfordern.
- Erfrage aktiv Rückmeldungen, um Inhalte weiterzuentwickeln.
- Erkenne Unterschiede im Vorwissen als Potenzial, nicht als Hindernis.
Systemisch zu handeln heißt, offen für den individuellen Einstieg zu sein – und sich stetig anzupassen.
Marketing
Auch im Marketing gilt, dass Interessenten völlig neu an ein Produkt herantreten. Wenn Du voraussetzt, sie kennen bereits alles, schreckt das eher ab.
Gestalte die Kommunikation so, dass man Zusammenhänge leicht begreift, statt sie in Fachjargon zu verschleiern.
- Vermittle Basisinformationen, bevor Du Fachbegriffe verwendest.
- Gib stufenweise Einblicke, damit Neugier entsteht.
- Biete automatisierte Schritte, zum Beispiel E-Mail-Serien.
- Reagiere auf Fragen und greife Rückmeldungen auf.
Ein Erstkontakt ist nur dann einladend, wenn man den Anfängerblick respektiert.
Fazit
„Alles ist immer für alle beim ersten Mal neu“ hat weitreichende Folgen für unsere Kommunikation: Wir schützen andere davor, sich ausgeschlossen oder überfordert zu fühlen.
Ob privat, im Team oder in Werbung und Verkauf: Wer sich bewusst macht, dass es immer einen Erstkontakt gibt, verhilft anderen zu einem reibungslosen Einstieg.
- Nutze klare Worte, die Nicht-Insider verstehen.
- Erkläre den Kontext, bevor Du Details präsentierst.
- Sei bereit, Dinge immer wieder neu zu erläutern.
- Ermögliche gemeinsames Lernen, statt Einbahn-Kommunikation.
So entsteht eine Atmosphäre, in der alle sich trauen, Neues zu erkunden – und nachhaltig davon profitieren.